Junge Fußballerinnen brauchen eine Trainerin oder einen Trainer. Beim VfL 45 haben sie außerdem Larissa. Die brauchen sie auch. Unbedingt.
„Ich hab’s versucht“, sagt Larissa. Aber Fußballspielen sei nicht ihr Ding. Obwohl das so ist, betreut sie an die zwanzig kickende Mädchen zwischen neun und 13 Jahren. Für die ist sie Respektperson und gute Freundin zugleich. Zuhörerin, Ratgeberin, Vermittlerin, Motivatorin und Trösterin. Oder auch große Schwester. Larissa ist 16.
Was ihre eigene sportliche Aktivität betrifft, schwimmt sie lieber. Aber zuhause dreht sich Vieles um Fußball. Ihr Bruder Philipp spielt für den VfL 45, ihr Vater Sebastian engagiert sich im Vereinsvorstand. Schalke-Fans sind sie alle gemeinsam, inklusive Dauerkarten fürs Stadion.
Vor gut zwei Jahren hat Larissa im Rahmen der Sporthelfer-Ausbildung an der Gesamtschule ein Praktikum absolviert, naheliegenderweise beim VfL 45, und dort mit den Mädels der U 13. Seitdem gehört sie zu ihnen. Anders geht es gar nicht, für sie nicht und für die jungen Fußballerinnen auch nicht.
Wehwehchen und Emotionen
Das reine Trainieren, Ausdauer, Kraft, Technik, Spielzüge, ist das Eine. Aber es gehört ja viel mehr dazu, eine Gruppe junger Mädchen zu betreuen – als Gemeinschaft, die aus Individuen mit unterschiedlichen Eigenschaften und Befindlichkeiten besteht. Sie alle jeweils mit kleinen und größeren Sorgen, Wehwehchen, Emotionen, mit Tränen wie auch mit Glückshormonen. Da ist es wohltuend, sich aussprechen und anlehnen zu können, und das geht halt irgendwie nur mit einer wie Larissa.
Die hundertprozentige Torchance auslassen schmerzt. Das fühlt sich sofort an wie ein Makel, da hat man versagt. Oder die Fehler in der Abwehr, die berüchtigten Torwart-Patzer. Gemeinsam wegstecken – ein Grundsatz, der Larissa wichtig ist. Bei anderen Mannschaften hat sie erlebt, „wie die Spielerinnen sich gegenseitig runtergemacht haben“ – ein absolutes No-Go. „Wir haben eine sehr gute Teamgemeinschaft“, sagt sie. Spaß miteinander muss sein. Auch beim Training, bei der Fahrt zum Frauen-Länderspiel Deutschland – Schweden in Duisburg, bei gemeinsamen Unternehmungen ohne Fußball.
Bei den Spielen ihrer Mädchen ist sie selbst „Mädchen für alles“, für Organisatorisches ebenso wie fürs Warmmachen und -bleiben bei Auswechselungen oder für das „Verpflastern“ bei Verletzungen. Fürs Beruhigen, fürs Anspornen und Aufmuntern. Natürlich fiebert sie mit und rutscht fast nebenbei auch in eine Art Co-Trainerinnen-Rolle. Etwa wenn sie dem Trainer ihren Eindruck mitteilt, für dieses oder jenes Mädchen sei es besser, ausgewechselt zu werden. Wenn sie bei der Mannschaftsaufstellung sagt, welche Aufgabe sie welcher Spielerin zutraut. Und auch bei der Organisation der Trainingsstationen hilft sie mit. Unlängst hat die Nicht-Fußballspielerin den „Kindertrainerschein“ gemacht. Nebenbei: DLRG-Schwimmtrainerin ist sie auch noch – ebenfalls ehrenamtlich.
Für das Selbstbewusstsein
Larissa ist offen und unkompliziert. Das kommt ihr zugute, wenn sie auf andere zugeht. Sie ist, so könnte man sagen, ein „Gemeinschaftsmensch“. Wo der Einsatz der Vereinsmitglieder nötig ist, ist sie dabei. Etwas Besseres kann einem Verein nicht passieren als eine wie sie in seinen Reihen zu haben. Kein Wunder, dass sie hier jeder kennt.
Bei ihren selbstgewählten ehrenamtlichen Aufgaben lernt Larissa. Unter anderem, dass nicht alles perfekt ist, dass man Geduld haben muss. Dass man gute Nerven braucht. Dass jeder Mensch eine individuelle Persönlichkeit ist und dass es das auch im Team zu berücksichtigen gilt. Sie lernt im Umgang mit Heranwachsenden ebenso wie mit Erwachsenen. Selbstständigkeit lernt sie und Verantwortung und „viel für mein Selbstbewusstsein“, wie sie sagt.
Gerade ist sie mit der Schule fertig. Und nun beginnt Larissa eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten. Manch einer hätte vielleicht eher auf einen erzieherischen Beruf getippt. Ein bisschen in dieser Richtung bekommt sie mit, wenn Mama Carolyn als Tagesmutter zuhause aktiv ist. Aber lieber konzentriert sich Larissa auf ihre fußballspielenden Mädchen, für die sie sich auch im Beruf Zeit freihalten will. Das macht ihr „sehr doll Spaß“. Und es tut einfach gut. „Manchmal umarmen die mich und sagen: Wir sind so froh, dass wir dich haben.“ – jf –