Jeden zweiten und vierten Samstag bieten Ehrenamtliche in der Bocholter Fabi Reparierhilfen an und bewahren viele kaputte Gegenstände vor der Entsorgung.
Der 22. April 2023 ist ein besonderer Tag. Die 37 aktiven Frauen und Männer treffen sich zum 125sten Mal in der Familienbildungsstätte zum Repair Café. Wie der Name schon vermuten lässt, wird samstagsvormittags nicht nur repariert, sondern auch gemeinsam Kaffee getrunken. Anlässlich des Jubiläums gibt es vor dem offiziellen Start um 11 Uhr ein ausgiebiges Frühstück, selbstgebackene Jubiläumstorte und einen Fototermin für das Gruppenbild. Die Stimmung unter den Reparierern und Repariererinnen ist ausgelassen. Alle freuen sich auf den Vormittag mit neuen Aufgaben und Herausforderungen. Während sich das Reparatur-Team auf die einzelnen Räume verteilt, hat sich im Eingangsbereich der Fabi schon eine lange Schlange gebildet – mit Menschen, die sich anmelden möchten, um ihre defekten Haushaltsgeräte und Fahrräder reparieren zu lassen.
Kunden werden Gäste genannt
Die Atmosphäre im Repair Café ist äußerst familiär. Jeder ehrenamtliche Reparaturhelfer trägt ein Namensschild mit seinem Vornamen, entsprechend wird sich geduzt. Hat man bei der Anmeldung einen Reparaturauftrag ergattert, wird man mit diesem zu dem zuständigen Experten-Team geschickt. Jeder, der etwas zu reparieren hat, ist herzlich eingeladen, bei der Fehlersuche zu helfen und bei der Reparatur zu assistieren. So bekommen die „Gäste“ praktische Tipps zur Selbsthilfe und können die defekte Glühbirne im Globus beim nächsten Mal zuhause alleine wechseln. Die Gäste, deren Durchschnittsalter zwischen 40 und 60 Jahren liegt, sind sehr dankbar für die Reparaturunterstützung, die sie erhalten, und spenden großzügig Geld fürs Repair Café. So konnten in den letzten Jahren einige soziale Einrichtungen wie das Kinder- und Jugendhospiz, das Frauenhaus oder das Tierheim unterstützt werden.
Bunte Truppe
Viele Berufsgruppen sind unter den Helfern vertreten: Studierende, Altenpfleger, Lehrer und pensionierte Ingenieure, um nur einige zu nennen. „Da wir keine Vereinsstruktur haben, müssen wir keinen Vorstand wählen und keine Posten besetzen. Das macht das Freizeitengagement sehr unkompliziert. Außerdem können wir die Räumlichkeiten der Fabi kostenlos nutzen“, erklärt Friedrich Kersting. Sein Spezialgebiet ist das Messerschleifen. Dabei lässt er sich gerne über die Schulter schauen. Man kann nur erahnen, wie scharf die Messer nach dem Schleifen sind. Sicherheitshalber gibt es zu jedem geschliffenen Messer eine kleine Tüte mit Visitenkarte vom Repair Café und ein Pflaster dazu.
Unterstützung und Starthilfe
Im September 2014 waren es drei Leute, die unabhängig voneinander die Idee hatten, ein kostenloses Repair Café in Bocholt zu gründen. Ideengeberin war die Niederländerin Martine Postma, die 2009 das erste Café in Amsterdam organisierte. Viele weitere Einrichtungen sollten folgen und so über die Jahre einen wertvollen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Einige Bocholter Tüftlerinnen und Tüftler geben regelmäßig Starthilfe bei der Gründung weiterer Repair Cafés in der näheren Umgebung, beispielsweise in Velen, Stadtlohn, Gronau, Ahaus und Wertherbruch. Neben der Beratung gibt es auch Hilfe für den örtlichen ESB, ein Café bei der Sperrmüllbörse und einen Stand auf dem Weihnachtmarkt, wo Upcycling-Produkte für den guten Zweck verkauft werden.
Die Auswertung der Instandsetzungen hat gezeigt, dass zwischen 55 und 80 Prozent der defekten Geräte erfolgreich repariert werden konnten. Bevor etwas in den Müll wandert, sollte man es auf jeden Fall erst einmal den Experten in den Repair Cafés zeigen. -cw-