Gemeinhin muss man schon auffallen, um in den Blick der Redaktion zu geraten und sich hier porträtiert zu finden. Aber …
da sind viele, die unermüdlich still und leise mit ihrem Ehrenamt dafür sorgen, dass unser Sozial- und Kulturleben funktioniert und die den Kitt bilden, der den gesellschaftlichen Zusammenhalt immer wieder sichert. Die wollen gar nicht auffallen.
Stellvertretend für die vielen bekommt hier Christel Hustede ein bisschen öffentliches Licht ab, auch wenn sie dazu überredet werden musste – Ehemann und Nachbarin waren darin ein gutes Team.
Ein langer Blick zurück in die siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts: Noch ist es normal, „nur“ Hausfrau und Mutter zu sein. Das war Christel Hustede, und zwar gut und gerne. Ihre Kinder waren im Kindergarten, und sie nahm fand sich gerne bereit, als gewählte Pflegschaftsvertreterin Zeit und Ideen zu investieren. So begleitete sie auch die Schulzeit ihrer Kinder in verschiedenen Funktionen.
Während dieser Zeit hat sie auch in der Pfarre St. Josef Kindermessen organisiert, die Firmvorbereitung unterstützt. Sie lacht bei der Erinnerung daran, dass sie für die Sternsinger Kostüme genäht hat: „In denen singen sie noch heute.“
Zwanzig Jahre später beschließt sie, für die Arbeit mit Kindern zu alt zu sein. „Schrecklich, wenn der Sternsinger-Mohr zu Hause erzählt, er sei von einer alten Oma geschminkt worden.“
Der Abschied von den Kindern ist ein neuer Anfang. Auf Initiative der Caritas und der Gemeinde gab es eine Gesprächsgruppe für psychisch erkrankte Menschen, die Ehrenamtler zur Unterstützung suchte. Christel Hustede war bereit, sich einem solch schwierigen Engagement zu stellen, zunächst aber mit dem Vorbehalt, auch nein sagen zu können.
Mit dem Nein wurde es dann aber nichts. Um alle 14 Tage einen Gesprächskreis mit seelisch kranken Menschen zu organisieren, braucht es viel mehr als zweiwöchentlich anwesend zu sein. Worauf lässt man sich da ein? Antworten darauf gaben etliche Wochenendseminare mit Neurologen, dem Gesundheitsamt, Fachvorträgen von Psychologen und Sozialarbeitern. Und es braucht Empathie, die Fähigkeit zuzuhören, laute Aggressionen zu ertragen, ohne die Ruhe zu verlieren.
Das ist anstrengend. Das kann auch den Schlaf rauben. Aber auch beim nächsten Treffen sind wieder Ideen da, wie die Gruppe weiter miteinander reden kann, wie Menschen dazu bewegt werden können, ihre Medikation einzuhalten, kleine Alltagssiege zu erreichen.
Da gibt es auch manchmal einen nächtlichen Hilferuf, weil die Depressionen überhandnehmen. Dann ist es wichtig, dass auch die Familie hinter dem Engagement von Christel Hustede steht. „Die Partner müssen dahinterstehen“, sagt sie. Und sie ist froh, dass das bei ihr so ist.
Der Gesprächskreis besteht heute seit dreißig (!) Jahren. Er ist klein geworden. Die Teilnehmerinnen sind sehr vertraut miteinander. Er sollte fortgeführt oder erneuert werden, das wünscht sich Christel Hustede.
Ein Fazit nach fünfzig Jahren ehrenamtlicher Tätigkeit, die noch nicht zu Ende ist: „Es hat gut getan“. Sie, Christel Hustede, hat „Redepartner für alles gefunden, Menschen mit gleicher Wellenlänge kennengelernt, Selbstbewusstsein gewonnen“. Und ein Vorbild für ihre Kinder ist sie auch. Und das mit der „Nur-Hausfrau“ hat sich damit auch erledigt.
Zweites Fazit – das der Verfasserin dieses Artikels: Ich habe eine tolle Nachbarin, die mit ihrem Mann häufiger zum Essen rüberkommen sollte.
Drittes Fazit: Liebe Leser und Leserinnen, zeigt uns mehr Menschen, die auch mal im Licht stehen sollten. – bh –