Wer oder was sind Starthelfer? Machen sie streikende Autos wieder flott? Oder irgendwas mit Sport? Unterstützen sie vielleicht junge Unternehmensgründer? Die Starthelfer helfen beim Start. Aber in anderer Weise. Sie tun dies weniger in technischer, sportlicher oder ökonomischer Hinsicht, sondern beim Einleben in eine neue Kultur. Mehr als 60 solcher ehrenamtlichen Starthelfer und Starthelferinnen gibt es in Bocholt, verteilt über das gesamte Stadtgebiet. Eva Schmerling und Thi Xuan Nguyen sind zwei von ihnen.
Seit gut vier Jahren besteht das Starthelfer-Projekt des Vereins „Leben im Alter“ (LiA), das Kinder und Erwachsene mit Migrationshintergrund unterstützt. Es beinhaltet die Vermittlung von Kultur und Sprache und dient der Hilfestellung bei der Bewältigung alltäglicher Aufgaben, etwa bei Behördengängen oder Arztbesuchen. Es soll Eltern in Kindergarten- und Schulangelegenheiten unterstützen, insbesondere bei der Integration der Kinder in Auffangklassen. Starthelfer und -helferinnen kümmern sich zudem um die Ausbildung Jugendlicher an Berufskollegs.
Miteinander der Kulturen
Thi Xuan Nguyen zählt zu dem rund einen Drittel von ihnen mit nicht deutscher Herkunft. Wie sie alle, die 15 verschiedene Nationalitäten repräsentieren, ist sie ein beeindruckendes Beispiel inter- und gar multikulturellen Miteinanders. Vor dreieinhalb Jahren kam sie aus Vietnam nach Deutschland, war ein Jahr lang in Rhede als Au-Pair tätig und absolviert nun in Bocholt eine Ausbildung zur Altenpflegerin. Auch als ehrenamtliche Gesundheitsbegleiterin hat sie mit älteren Menschen zu tun. Einmal wöchentlich besucht sie eine über 90-jährige Bocholterin, geht mit ihr Eis essen, spielt mit ihr Ball und fährt mit ihr Rad. Und sie erzählt ihr von ihrer vietnamesischen Kultur, zeigt ihr traditionelle Kleidung ihres Heimatlandes.
Eva Schmerling hat durch ihren Sohn in Berlin die Initiative „Neue Nachbarschaft“ kennengelernt, war von der Herzlichkeit im Umgang untereinander begeistert und wollte in Bocholt Ähnliches anstoßen. Einen Ansatz dazu gab es, aber dann sei die Sache leider „eingeschlafen“. Jetzt vermittelt sie als ehrenamtliche Mitarbeiterin Kindern mit Migrationshintergrund „Deutsch als Zielsprache“. Und sie leitet einen Kommunikationskurs mit Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen Ländern, wobei ihr zugute kommt, dass sie Sprachen studiert hat. Da sei eine relativ stabile Gruppe entstanden, eine gewisse Vertrautheit, ein Zusammenhalt, sagt sie. Berührungsängste seien überwunden worden. „Es macht mir Freude, weil die Gruppenmitglieder Spaß haben.“
Spiele mit Flüchtlingskindern
Spaß haben sie und Thi Xuan Nguyen auch – unter anderem immer am ersten Samstag eines Monats, wenn sie beim Spielenachmittag gemeinsam mit Flüchtlingskindern etwa „Montagsmaler“ spielen. Eva Schmerling ist von ihrer Starthelfer-Kollegin beeindruckt, die nicht nur mit älteren Menschen, sondern auch mit den Zwei- bis Elfjährigen sehr gut zurechtkommt: „Sie ist die geborene Erzieherin – klar, direkt, kreativ, herzlich.“
In Vietnam hat Thi Xuan Nguyen schon etwas Deutsch gelernt und ihre Sprachkenntnisse hier inzwischen weit entwickelt. Eva Schmerling hilft ihr dabei. Die eine hat für die andere gekocht, gemeinsam sind sie nach Holland geradelt. Starthilfe wirkt nicht einseitig. Wenn sie gelingt, reduziert sie die Hilfe ebenso wie die Starter-Situation. Und sie stärkt das Gemeinsame. – jf –