Engagiert gestartet, dann im Corona-Jahr gebremst. Aber das neue Team findet neue Wege im Quartier und macht unbekümmert weiter.
Ein Jahr ist es her, dass sie an den Start gegangen sind – als „Kümmerer“ für die Menschen im Quartier Fildeken-Rosenberg. Doch da war Corona als Hindernis. Also abblasen, Elan verklappen? Wir haben nachgefragt, was aus dem engagierten Quartett geworden ist, das wir hier seinerzeit vorgestellt haben.
Sie sind noch da. Eva Effertz, Latifa Rezk Almasri und Hildegard Jochmann (Foto oben, von links) sitzen im Quartierstreff an der Saarstraße mit Agnes Wellkamp, Quartier-Managerin des Vereins „Leben im Alter“ (L-i-A), zusammen und lassen dieses Jahr Revue passieren. Sie sind immer noch und jetzt wieder vermehrt im Einsatz und kümmern sich: Bei Besuchen von Haus zu Haus oder beim im vergangenen Oktober eingestellten Senioren-Nachmittag mit Kaffeetrinken und Spiele spielen. Endlich wieder persönliche Begegnungen mit den älteren Bewohnern im Quartier. Hildegard Jochmann tut das gut. „Das gibt mir viel“, sagt sie über die Anerkennung, die sie bei ihrem ehrenamtlichen Einsatz erfährt. Der damals Vierte im Bunde, Alex Navasartian Hevani, hat sein Psychologie-Studium abgeschlossen, sattelt ausbildungsmäßig noch drauf, will das Team aber trotz dieser Anforderung demnächst unterstützen.
Sich zuhause verkrochen und Quartier Quartier sein lassen haben die Kümmerer nicht. Zu Weihnachten haben sie Leckeres und Gebasteltes in 300 Tüten verpackt und verteilt. Gemeinsam mit den Quartiersbewohnerinnen und -bewohnern sowie mehreren Einrichtungen gab es eine große Müllsammelaktion. Im Mai wurden zum Tag der Nachbarn in Zusammenarbeit mit der Musikschule Fensterkonzerte organisiert. Und ein historischer digitaler QR-Code-Spaziergang ersetzte den gewohnten und beliebten aber pandemiebedingt nicht durchführbaren Stadtteilspaziergang.
Sprachassistent und Saugroboter
Die Kümmerer haben sich auch intensiv vorbereitet auf das, was durch Corona allgemein einen deutlichen Schub erfährt: die Digitalisierung. In Zusammenarbeit mit der Projektgruppe „Mouse mobil“ sind sie per wöchentlicher individueller Skype-Sitzung und in gemeinsamen Video-Konferenzen geschult worden, um den von ihnen betreuten Menschen im Quartier Zweck, Nutzen und Handhabung von Smartphones, Tablets, Sprachassistenten oder auch Saugrobotern zu vermitteln. Das ist für die „Digi-Kümmerer“ nicht immer leicht, manche der von ihnen Angesprochenen lehnen jegliche Beschäftigung mit der Thematik ab. An einem sogenannten Digital-Tag mit Vorführungen war das Interesse trotz Sommerhitze immerhin ganz rege. Man müsse den Menschen deutlich machen, dass es um ein Angebot möglicher technischer Hilfsmittel gehe und nicht darum, den weiterhin wichtigen zwischenmenschlichen Kontakt zu ersetzen, betont Agnes Wellkamp.
Wieder beisammen zu sein, nicht nur per Video-Kommunikation, sondern „leibhaftig“ – auch das ist für die Kümmerer ganz wichtig. Trotz aller Einschränkungen seien sie „zu einem tollen Team zusammengewachsen“, sagt Agnes Wellkamp. Latifa Rezk Almasri, die vor fünf Jahren aus Syrien nach Deutschland kam, findet in der Gruppe Unterstützung bei der Erweiterung ihrer bereits guten Deutsch-Kenntnisse und auch bei vielen praktischen Alltagsfragen. Sie hat ihren Freiwilligen-Dienst beendet und beginnt eine Ausbildung zur Kinderpflegerin. Gemeinsam mit ihrem als Ingenieur arbeitenden Mann kümmert sie sich um ihre vier Kinder. Dass sie sich zusätzlich ehrenamtlich im Quartier engagiert, finden ihre Team-Kolleginnen großartig und bewundernswert. Eva Effertz schätzt die Harmonie im Team, Gundi Bösing, die ihm ebenfalls angehört, vor einem Jahr bei unserer Vorstellung aber nicht dabei sein konnte, den Zusammenhalt untereinander ohne jeglichen Druck.
Vom Ehrenamt zum Job
Und noch etwas hat sich getan, in diesem einen Jahr: Eva Effertz hat ihren Job verloren – und durch ihre ehrenamtliche Kümmerer-Aktivität einen neuen gewonnen. L-i-A hat sie als Koordinatorin für haushaltsnahe Dienstleistungen eingestellt. Im Stadtteiltreff an der Dortmunder Straße hat sie mit der Organisation des Einsatzes von 80 bis 100 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zu tun, die für rund 200 Senioren tätig sind. Das erfordert viel Geschick, etwa wenn Betreuer ausfallen und die Betreuten auf den ihnen vertrauten Umgang verzichten müssen. Auch um die wieder durchgeführten Veranstaltungen kümmert sich Eva Effertz und kommt damit ihrer Ausbildung als Veranstaltungskauffrau nahe.
Das umfangreiche Programm im Quartier Fildeken-Rosenberg lebt wieder auf. Für diesen Monat ist eine begleitete Radtour angekündigt, für September und November der Quartiersstammtisch und für Oktober ein wieder „richtiger“ Quartiersspaziergang. Reichlich Gelegenheit für die Kümmerer, sich zu kümmern. – jf –