Jäh zur Passivität gezwungen, will die engagierte Ortsteil-Initiative demnächst wieder durchstarten.
Sie waren auf einem so guten Weg. Vielbeachtet auch in anderen Teilen der Stadt, in denen engagierte Menschen mit vereinten Kräften ortsspezifische Projekte anschieben und umsetzen, so wie sie es tun. Knapp und treffend auf den Punkt gebracht, mit dem Namen als Programm: Spork Aktiv. Corona hat sie gebremst. Vorübergehend. Doch ab Juni sind wieder Aktivitäten geplant.
Wohnen kann man prima in Spork. Die Kirche und das Pfarrheim sind ein Mittelpunkt, für Freizeit und geselliges Miteinander gibt es Vereine. Was fehlte, war die gemeinsame Stimme, die Möglichkeit, sich nach außen als Einheit zu zeigen und so gemeinsame Interessen wahrzunehmen. Dabei gab es Handlungsbedarf. Das Gut Heidefeld, als Wohnschloss und Landratssitz ein örtliches Juwel, lag im Dornröschenschlaf, die Schule wurde 2011 geschlossen. Und dann machte auch noch die Dorfkneipe den Zapfhahn dicht.
Der Name verpflichtet
Etwa zwanzig der rund 1000 Sporkerinnen und Sporker waren der Ansicht, dass es einer örtlichen Eigeninitiative bedürfe, um bestehende Strukturen zu erhalten und zu entwickeln; um die Infrastruktur zu verbessern, um die Vereinsaktivitäten zu bündeln, um Ansprechpartner für Stadtverwaltung und Politiker zu sein, wenn es um Sporks Zukunft geht. Ende 2010 gründeten sie einen gemeinnützigen Verein. Waltraud Willing fand dafür den prägnanten Namen – eben Spork Aktiv.
Ein solcher Name verpflichtet. Da muss angepackt werden. Das taten die Sporker. Sie starteten ihr erstes Projekt: den Radwegbau an der Sporker Ringstraße. Lokales Teamwork war gefordert, Muskelkraft ebenso wie die Bereitstellung von Gerät durch die Landwirte und eine Teilfinanzierung durch Spenden örtlicher Unternehmer.
Einer von ihnen ist Rudolf Ostermann. Die aktiven Sporker beeindruckten und überzeugten ihn. Und sie ermunterten ihn, das Gut Heidefeld zu neuem Leben zu erwecken. Das geschah 2014. Das so entstandene Haus mit Gastronomie, Ferienzimmern, großem Park und Kulturprogramm hat seither Strahlkraft auch deutlich über Spork hinaus. Nach dem allgemeinen Shutdown hat es gerade wieder geöffnet. Vereinzelt entstehen hier auch wieder Hochzeitsfotos.
Projekte mit Strahlkraft
In der städtischen Planung sei Spork seit 2012 „als Wohnquartier definiert“, sagt Willi Fisser, Vorsitzender von Spork Aktiv. Das 1950 errichtete Schulgebäude sollte abgerissen werden, um weitere Wohnbauflächen zu schaffen. Das Selbstverständnis des Vereins, Strukturen zu bewahren, die mit der Geschichte, Tradition, Identität, Heimatbewusstsein verbunden sind, war auch hier angesprochen. Mit der Konsequenz: Sich einklinken, mit der Kommune und möglichen Geldgebern nach einem bedarfsorientierten und umsetzbaren Konzept suchen. Ergebnis: Die Schule blieb stehen und wurde nach Umbau und Modernisierung im Rahmen des auch Ferienwohnungen einschließenden Gesamtprojektes Ludgerushof zum Gesundheitszentrum.
Auch dieses Haus mit seinen privatwirtschaftlichen Dienstleistungsangeboten macht Spork im Umland attraktiv. Zugleich ist ein neues Angebot für die Sporkerinnen und Sporker entstanden, das der Verein Sporl Aktiv organisiert. Eine Anlaufstelle für ältere Menschen gibt es und stark nachgefragte Reha- und Gymnastikkurse. Und nach kurzem, etwas skeptischem Zögern ist eine Art Initialzündung erfolgt: Einwohnerinnen und Einwohner haben ihre Interessen umgesetzt und etwa einen Lauftreff gegründet – die Entdeckung neuer alter Laufwege inklusive. Im Mehrzweckraum des früheren Schulgebäudes gibt es Musik- und Spiele-Abende, ein Singen für Jedermann, oder auch Holländisch für den Hausgebrauch. Das alles musste gestoppt werden, auch die Jahresmitgliederversammlung von Spork Aktiv im März fiel aus. Aber nun sieht man Licht am Horizont: Im Gesundheitszentrum werden wieder Dienstleistungen angeboten, und ab 3. Juni sollen dort wieder Reha-Maßnahmen starten.
Dann will Waltraud Willing hier auch wieder ihr Büro als Quartierskoordinatorin für den Verein „Leben im Alter“ (LiA) beziehen. Über ihren 20-Stunden-Job hinaus engagiert sich die Schriftführerin im Vorstand von Spork Aktiv in vielfältiger Weise für ihren Ortsteil und dessen Bewohnerinnen und Bewohner. Unter anderem mit der Herausgabe des informativen „Sporker Blädekens“, das nach der aktuellen Zwangspause wieder Monat für Monat kostenlos an die rund 420 Sporker Haushalte verteilt werden soll. Vereine und andere Einrichtungen liefern die Informationen dafür. Dadurch, dass sie mit Engagierten in anderen Bocholter Stadtteilen vernetzt ist, findet Waltraud Willing unter anderem Leiterinnen und Leiter für die im Programm angebotenen Veranstaltungen.
Bürgerkneipe besonders betroffen
Sogar das Sporker Schützenfest ist in diesem Jahr ausgefallen. Und wenn Geselligkeit nicht sein darf, leidet insbesondere die Gastronomie. Für das Dorfgasthaus ist der verordnete Stillstand ganz besonders bitter. Denn es war gerade wiederbelebt worden. Der Wirt hatte aufgegeben, die Gaststätte „Zum Heidefeld“ stand leer. Die alte „Kneipenkultur“ gibt es so nicht mehr, stellt Willi Fisser fest. Aber er und sein Stellvertreter Bernd Nienhaus-Lensing wagten den Versuch, die Dorfkneipe, einst wichtiger Treffpunkt in den Ortsteilen, in Spork zu reaktivieren – durch die Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Seit Juni 2017 versieht ein Team von „Minijobbern“ unter Leitung von Marion und Felix Willing in der renovierten und nun so benannten „Bürgerkneipe“ den Thekendienst. Bis heute hat sich der Kreis der Gesellschafter auf rund 40 Personen aus Spork und nächster Umgebung erweitert, die alle für den Erfolg der Kneipe geradestehen. Möglichst bald soll das Team von freitags bis montags wieder Gäste versorgen.
220 Mitglieder zählt Spork Aktiv mittlerweile. Einige von ihnen engagieren sich bei der Beförderung älterer Sporkerinnen und Sporker oder beim Verteilen von Info-Material. Andere führen Gäste durch den Park von Gut Heidefeld oder sorgen für den Service bei Konzerten auf dem Gut, wofür es eine „Ehrenamtspauschale“ gibt.
Das „Sporker Modell“ ist ein Beispiel für ehrenamtliches bürgerschaftliches Engagement in Kooperation mit Verwaltung, Politik und Wirtschaft und für die Chancen einer gemeinschaftlichen Interessenwahrnehmung. Um die Lebensqualität im dörflichen Umfeld in vielfältiger Weise zu erhalten und zu verbessern, wie es sich Spork Aktiv auf die Fahnen geschrieben hat, mache „die Interessen-Bündelung Sinn“, sagt Willi Fisser nach zehn Jahren Vereinsengagement.
Auch weiterhin. Die Sporkerinnen und Sporker scharren quasi mit den Hufen. „Die Menschen wollen sich wieder begegnen, sich sehen, miteinander sprechen“, sagt Waltraud Willing. Und sie wollen wieder aktiv werden: Mitte Juli wollen die Mitglieder der Radler-Gruppe wieder rund um Spork in die Pedalen treten. Und auf die Sporker wartet die nächste große Gemeinschaftsaufgabe: der zweite Bauabschnitt des Bürgerradweges. – jf –