Ein Netzwerk basiert auf Kontakten. Pandemiebedingte Maßnahmen entsprechen dem so gar nicht. Das Netzwerk „engagiertestadt“ haben sie nicht lahmgelegt. In Bocholt wird daran trotz allem intensiv weiter geknüpft.
Bürgerinnen und Bürger aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und der sogenannten Zivilgesellschaft wollen weiterhin bürgerschaftliches Engagement anschieben. Und dafür gibt es nun neue Partner, neue Ideen wie etwa Rikschas in der City und neue Projekte. Nach der Begrüßung zur Mitgliederversammlung durch Kai Enck im Stadtsparkassen-Neubau waren alle froh, sich beim „Netzwerken“ endlich wieder persönlich anstatt ausschließlich virtuell austauschen zu können.
Die Digitalisierung ist insbesondere im Zusammenhang mit Corona zu einem zentralen Thema geworden, und das gilt auch für die „engagierten Städte“. „Digitales Engagement“ ist ein neues Schlagwort dafür, dass der Einsatz für ein Projekt, für Inhalte wie auch für Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht nur, aber zum Teil auch sinnvoll und effektiv auf virtuellem Wege erfolgen kann. Die Bocholter Corona-Hilfe hat dies beeindruckend praktiziert, unter anderem bei der Schaffung des Portals Gastromio als Wegweiser für das gastronomische Angebot während der rigiden Corona-Auflagen. Die Thematik digitalen Engagements wird eines der anstehenden drei Projekte der „engagiertenstadt Bocholt“ sein.
Fruchtbarer Kontakt mit Gütersloh
Ein anderes lautet vor dem Hintergrund der genannten Entwicklung „Digitalisierung der Vereine“. Auch damit wird sich eine Arbeitsgruppe befassen, um es zu konkretisieren, um Bedarfe herauszufinden und entsprechende Angebote auszuloten. Eine mit großem Interesse aufgenommene Hilfestellung kommt in diesem Zusammenhang aus Gütersloh. Seit gut einem Jahr zählt die ostwestfälische Kommune zu den bundesweit mittlerweile einhundert „engagierten Städten“ und soll, ebenso wie Bottrop, als sogenannte „Tandemstadt“ von den Erfahrungen der schon länger aktiven Bocholter Netzwerker profitieren. Es wurde deutlich, dass dabei nicht nur eine Seite gewinnt: Elke Pauly-Teismann, städtische Ehrenamtskoordinatorin in Gütersloh, berichtete aus ihrer Stadt unter anderem von einem „Mitwirkomat“ zur Suche geeigneter Einsatzfelder für Ehrenamtsinteressierte, von einer App und der Anschaffung leicht zu handhabender Technik, die Vereine und Einrichtungen ausleihen können – digitale Kompetenz in Gestalt eines Lotsen inklusive.
Das griffen die Bocholter als nachahmenswerte Anregung gerne auf. Beeindruckt waren sie auch vom in Gütersloh verfolgten Projekt „Radeln ohne Alter“, das Stadt-Touren für alte Menschen mit Fahrrad-Rikschas möglich macht. Das Thema Verkehrslenkung insgesamt wird die „engagiertestadt“ in Zukunft beschäftigen. Als drittes von ihnen zu bearbeitendes Projekt wählten die etwa 25 Teilnehmer der Versammlung die Organisation stadtweiter Nachbarschaftshilfe. Auch diese Thematik ist im Zuge der Pandemie verstärkt in den Fokus geraten.
50 Engagierte blicken nach vorn
Umfasste die „engagiertestadt Bocholt“ bis dato 45 Einzel- und Gruppenmitglieder, so kamen bei der Zusammenkunft fünf neue hinzu: die Dorfgemeinschaft Mussum, der VfL 45, die „Helfenden Hände“ von St. Josef, Marén Korhammer und die Erste stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth Kroesen, die das Wir-Gefühl einer immer mehr zusammenwachsenden Gemeinschaft als besonderen Wert herausstellte. „Das Ehrenamt hat in Bocholt eine besondere Bedeutung und einen hohen Stellenwert. Als Bocholterin, als Politikerin und als stellvertretende Bürgermeisterin bin ich froh und stolz, dass wir hier in Bocholt eine so starke und breit aufgestellte unterstützende Struktur aufgebaut haben“, sagte sie in ihrem Grußwort. „Das Netzwerk der engagiertenstadt Bocholt ist eine bemerkenswerte Vereinigung, aus der heraus Vertreter der gesamten Stadtgesellschaft gemeinsam und auf Augenhöhe ständig an der Stärkung und an Verbesserungen für das Bocholter Ehrenamt arbeiten“.
Trotz der Einschränkungen hat die „engagiertestadt Bocholt“ funktioniert, so Veronika Kampshoff, Sprecherin der wiedergewählten Lenkungsgruppe (Titelfoto, links). Und auch gerade deswegen. Im Netzwerk wurde nicht nur weiterhin flächendeckend zusammengearbeitet, es wurden auch mit Hilfe der Freiwilligen-Agentur unter anderem Fahrdienste zu Impftests und zum Impfzentrum organisiert, wie der städtische Ehrenamtskoordinator Rainer Howestädt (Titelfoto, rechts) und die lokale Programmleiterin Agnes Wellkamp (Verein Leben im Alter / Titelfoto Mitte) berichteten. Nun ist der Blick nach vorne gerichtet: 60 von Kitas, Schulen und Senioreneinrichtungen begehrte Lesepaten sind aktuell aktiv, der Sozialführerschein-Erwerb findet unter Schülerinnen und Schülern großen Anklang, und das neue Programm der Freiwilligen-Akademie wird jetzt aufgestellt.
Aus Gütersloh gab es Lob fürs hiesige Engagement: „Bocholt ist ein Leuchtturm“, sagte Elke Pauly-Teismann, und stehe im Rahmen der “engagiertenstadt” für best practice. Bei gemeinsam besuchten Veranstaltungen komme man immer wieder darauf zu sprechen. Deshalb sei man in Gütersloh froh, Bocholt als Tandempartner erhalten zu haben: “Als Tandem ist Bocholt quasi der Jackpot“. Sie hoffe „auf viele spannende gemeinsame Projekte“. Das gemeinschaftliche Netzwerk wächst, auch über die Stadt hinaus. – jf –