Jens Spahn war in Bocholt. Leider nur virtuell, wie er sagte. Am Dienstagabend war er Gast eines Online-Meetings, zu dem ihn die Coronahilfe-Bocholt eingeladen hatte.
Die Coronahilfe stellte ihm unter anderem ihr erfolgreiches Modell-Projekt „Kinder gegen Corona“ vor, und der Gesundheitsminister war beeindruckt. Er denkt an die Bundeszentrale für gesundheitliche Ausbildung als einen möglichen Multiplikator und will ein Feedback geben.
Für die Coronahilfe referierte Anne Beckmann über das Projekt, und mehr als 40 Personen bildeten das Online-Auditorium – Frauen und Männer, die sich im Rahmen der Coronahilfe-Bocholt oder in deren Umfeld engagieren. Seit Ausbruch der Pandemie haben sich viele Menschen zusammengetan, um im Rahmen der Coronahilfe von der Kontaktsperre Betroffenen durch Einkaufen oder Botengänge zu helfen, um kostenlos Fahrten zum Impfzentrum durchzuführen, um über Warenangebote des Handels zu informieren oder eine Plattform für Angebote von und Suche nach Jobs zu schaffen. Ein weiteres Resultat dieses ehrenamtlichen Engagements ist Gastromio, die virtuelle Speisekarte in Corona-Zeiten, über die die Angebote der Gastronomie einzusehen und Bestellungen abzuwickeln sind.
Mehr als 4000 Kinder erreicht
Über die genannten Tätigkeitsbereiche der Coronahilfe und sich dafür einsetzende Menschen haben wir an dieser Stelle ebenso berichtet wie über das Modell-Projekt „Kinder gegen Corona“, das bereits bundesweit und auch darüber hinaus Nachahmer gefunden hat. Mehr als 4000 Kinder an 22 Orten sind bislang durch dieses Projekt zum Verständnis der Pandemie und zum Umgang damit angeregt worden. Einen solchen Ansatz, verbunden mit der Bereitstellung geeigneten Materials, gab es zuvor nicht.
Das Projekt geht davon aus, dass Kinder wie auch Erwachsene falsche Bilder im Kopf haben – über ein Virus als ein unsichtbares bösartiges Lebewesen, das angreift, sich vermehrt und, wie viele Kinder meinen, fliegen oder springen kann. Das klingt zwar spannend und kann die kindliche Fantasie beflügeln und wird wohl deshalb in manchen Veröffentlichungen gern so dargestellt, aber es lässt die Schutzmaßnahmen gegen das Virus als sinnlos erscheinen: Gegen diese Art von „Feind“ bringt Kontaktbeschränkung nichts, und vor Angreifern sucht man eher Schutz in Räumen als draußen.
An den Erfahrungen der Kinder anknüpfend und teils mit Experimenten wird in dem Projekt gezeigt, wie sich das Virus ausbreitet und was man dagegen tun kann. Ein Spiegel etwa beschlägt, wenn man dicht davor steht und atmet, und der Beschlag verschwindet, wenn man das Fenster öffnet und lüftet. Kinder wissen auch, dass sich Zigarettenqualm von einer Ecke im Raum „von alleine“ verteilt. Ein künstlerisch-kreativer Teil des Projekts beinhaltet die Herstellung von Masken und Maskentäschchen. Im Endeffekt sollen Kinder aus dem neu gewonnenen Verständnis heraus sinnvolle Schutzmaßnahmen selbstständig ableiten.
Ein grundlegendes Lernziel des Projekts „Kinder gegen Corona“ ist eine Steigerung der sogenannten Selbstwirksamkeitserwartung: Die Kinder sollen überzeugt sein, dass sie in der Lage sind, neue und schwierige Anforderungen aus eigener Kompetenz bewältigen können. Lehrerinnen und Lehrer brauchten in der Sache Unterstützung, so Anne Beckmann. „Das muss ins Curriculum rein.“
Die Kinder seien die besten Multiplikatoren in Sachen Aufklärung zu Corona auch gegenüber Erwachsenen, meinte Lukas Kwiatkowski, der das Meeting moderierte und dazu unter anderen auch Bürgermeister Thomas Kerkhoff begrüßte. Manchmal spreche auch er versehentlich von dem Virus als etwas Handelndem, bekannte Jens Spahn.
Formular hat (k)einen Haken
Ein weiteres Thema des Gespräches mit dem Minister war der Hinweis auf einen Mangel des Formulars 10c/OEGD der Kassenärztlichen Vereinigung, wodurch die Einwilligung für die Corona-WarnApp schon mal ungewollt nicht erteilt wird, sodass die Anzahl der teilbaren positiven Testergebnisse unnötig geringer ist als sie sein könnte. Er nehme auch dies „und Ihre Hartnäckigkeit“ gerne auf, sagte Jens Spahn, um zu schauen, ob das Formular optimiert werden könne. Sein abschließendes Lob an die Coronahilfe: „Man spürt, mit welchem Engagement Sie dabei sind.“ Das Treffen tat gut: „Ich habe wirklich Hoffnung, dass wir unser schönes Konzept verbreitet bekommen“, zog Anne Beckmann ein Fazit. – jf –