Der Duft von frischem Kaffee und fröhliches Lachen erwarten mich, als ich das Erdgeschoss des Bonhoefferhauses betrete. Im neu gestalteten Begegnungscafé treffen sich dienstags um 10 Uhr die Frauen der Kleiderkammer. „Die regelmäßigen Treffen mit den Kolleginnen machen Freude”, sagt Yvonne Hyballa, eine der sieben ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen. Die Mehrheit von ihnen hat niederländische Wurzeln, und so spürt man die holländische „Gezelligheid”, die die Treffen prägt und viel Freude an der Arbeit spüren lässt. Dass sie im Moment mehr Zeit zum gemütlichen Beisammensein als zum Kleidung-Sortieren haben, liegt daran, dass der Kleiderbazar, der immer am ersten Mittwoch des Monats stattfindet, coronabedingt ausfallen muss. „Es waren einfach zu viele Leute, die gekommen sind, so dass wir die Abstandsregeln nicht einhalten konnten”, sagt Anneke Grundmann, die sich seit über 40 Jahren für den Verkauf der gebrauchten Kleidung engagiert.
Wer glaubt, dass ehrenamtliche Arbeit etwas für Ruheständler ist, irrt sich. Alle Frauen haben ihre Tätigkeit bei der Kleiderkammer begonnen, als sie noch beruflich im Krankenhaus und in der Altenpflege aktiv waren und zeitgleich eine Familie zu versorgen hatten. Das war Mitte der 80er Jahre, als im Wichernhaus in Stenern eine Wäscheleine mit Kinderkleidung aufgehängt wurde. Dort konnten junge Mütter ihre gebrauchten Kindersachen, die nicht mehr passten, gegen andere Kleidung von Kindern tauschen. Aus dem Tauschgeschäft hat sich ein klassischer Kleiderbazar entwickelt, der seit Ende der 80er Jahre im Bonhoefferhaus an der Dinxperloer Straße stattfindet. Dort werden die Kleidungsstücke für Jung und Alt nicht stückweise verkauft, sondern gleich säckeweise. Einmalig erwirbt man einen weißen Plastiksack für zwei Euro, den man komplett mit gebrauchter Kleidung füllen kann – alles für zehn Euro. Dabei ist es egal, ob dicke Winterjacken, Schuhe, Hosen, Blusen, Pullis oder Bettwäsche in den Sack kommen.
Das lockt regelmäßig Stammkunden aus dem übrigen Kreis Borken, dem Ruhrgebiet und den benachbarten Niederlanden an. „Einige Kunden verkaufen die erstandenen Sachen auf dem Trödelmarkt oder entsprechenden Internetplattformen weiter, andere tragen die gebrauchte Kleidung selbst, weil sie sich neue Anziehsachen nicht leisten können oder wollen”, erklärt eine der Frauen. Besonders groß war der Andrang 2015, als im benachbarten Gebäude der früheren Norbertschule eine Notunterkunft für Geflüchtete eingerichtet war. Da mussten teilweise Sicherheitskräfte aus der Unterkunft mithelfen, damit der Andrang bewältigt werden konnte.
Der Erlös aus den verkauften Kleiderspenden geht seit vielen Jahren an ein Kindergartenprojekt in Namibia. Die nicht verkauften Sachen werden von der Firma Dorcas aus Aalten alle paar Monate abgeholt und dort sortiert. Von dort aus gehen die gebrauchten Kleidungsstücke weiter nach Rotterdam, wo sie auf Schiffe verladen und dann von dort in bedürftige Regionen weltweit transportiert werden. So landet die Hose, die man als Kleiderspende im Bonhoefferhaus abgegeben hat, gerne einmal auf einem afrikanischen Markt.
Das alles ist das Ergebnis der Arbeit der engagierten Frauen, die jede Woche drei bis vier Stunden lang gespendete Kleidung sortieren und in den großen Räumen im Erdgeschoss sehr ansprechend präsentieren. Manchmal müssen sie sich Handschuhe anziehen, um verschmutzte und unbrauchbare Textilien zu entsorgen.
Während und nach der Arbeit ist immer Zeit für einen Plausch, da nicht nur die gemeinsame Arbeit, sondern auch eine jahrzehntelange Freundschaft die Mitarbeiterinnen der Kleiderkammer verbindet. Was allen im Team momentan fehlt, ist der Austausch mit den Kleidermarkt-Besuchern, die nicht nur zum Kaufen, sondern auch zum regelmäßigen Austausch vorbeigekommen sind. Das separat betriebene Café und der Kleiderbazar dienten somit immer als Kommunikations- und Begegnungsstätte. Die Sehnsucht, dass die Veranstaltung in diesem Rahmen bald wieder stattfinden kann, ist bei allen Beteiligten groß – da sind sich Rosemarie Burdack, Yvonne Hyballa, Gerrie Stolzenberg (in dieser Reihenfolge im Eingangsfoto abgebildet), Anneke Grundmann, Erika Schmitz und Katharina Glatz einig. – cw –