“Sagen Sie mal – warum machen Sie das?” fragen wir die engagierten Menschen, die wir hier vorstellen. Wie ist das mit dem Ehrenamt und der Ehre?
Was bewegt Menschen, sich für andere zu engagieren, ohne das in Rechnung zu stellen? Ganz abwegig ist die Frage ja nicht in einer Gesellschaft, in der Geld und Bezahlung eine dominante Rolle spielen. Und was antworten die Leute dann?
Von Ehre sprechen sie nicht. Obwohl es sich um ein Ehrenamt handelt. “Ehrenamt? Das sind die, die kostenlos arbeiten und dafür manchmal einen Orden bekommen” lautet eine Idee davon, was es mit diesem Begriff auf sich haben könnte. Mit der Ehre ist das halt so eine Sache. Ein schillernder, teils fragwürdig verwendeter Begriff. In früheren Zeiten duellierte sich ein Ehrenmann, um bei Erfolg in Ehren zu ergrauen. Und die Ehre diente als Floskel eines gepflegten Umgangsstils: Man hatte oder gab sich die Ehre, fühlte sich geehrt oder beehrte sich. Die Anrede “Sehr geehrte Damen und Herren” ist weiterhin förmlicher Standard. Angela Merkel war es eine Ehre, CDU-Chefin gewesen zu sein. Ob das ein Ehrenamt war?
Ehrenvorsitzende in Vereinen werden dazu ernannt, weil sie sich „verdient gemacht“ haben. Eine Anerkennung also, eine Auszeichnung. Wenn man so oder auf andere Weise geehrt wird, tut das in aller Regel gut. Bei den vielen engagierten Bocholterinnen und Bocholtern ist das nicht anders. Sie freuen sich über den Ehrenamtspreis oder die Ehrenamtskarte. Um eine Ehrung fürs Prestige geht es den allermeisten von ihnen nicht. Eher um Resonanz, um die Bestätigung, dass sie „etwas Nützliches und Sinnvolles tun”, wie einer unserer Gesprächspartner sagte. Das sorge dann für ein “gutes Gefühl”. Zufriedenheit ist vielleicht ein passender Ausdruck. Und es ist nicht übertrieben, von Glück zu sprechen: Wohlbefinden durch Sinnerfülltheit ist ein Bestandteil davon.
Vielen ist die Resonanz “von außen” nicht so wichtig, mitunter sogar unangenehm. Nicht aber die Resonanz unter denjenigen, für die sie sich einsetzen. “Man bekommt so viel zurück“ lautet eine häufige Antwort auf unsere Frage nach dem “Warum”.
Solches mitmenschliche Geben und Nehmen streichelt die Seele. Im Miteinander erfährt man sich im positiven Sinne als soziales Wesen. Zumal in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, in der Gruppe oder im Verein. Das Zusammenwirken mit gleichen Grundsätzen, Absichten und Zielen hat seinen Wert fürs eigene Wohl, der mehr bedeutet als persönliches Vergnügen. Man erlebt, dass man gerade und oft nur im Team Dinge bewegen und damit (auch) anderen nützen kann. Gemeinsinn, Gemeinschaftlichkeit nützen nicht nur einer zunehmend von Egoismus bestimmten Gesellschaft, sondern bedeuten auch persönlichen Erkenntnisgewinn. Das alles zusammen gibt Kraft und Elan und verleiht Motivation, sich weiterhin zu engagieren.
Von all dem erfahren wir im Gespräch immer mal ein bisschen. Häufig aber folgt auf unsere Frage, was die Engagierten antreibt, ein Achselzucken. Über das “Wieso und Weshalb” macht man sich kaum Gedanken. Es gibt halt, mit Erich Kästners Worten, nichts Gutes, außer man tut es. Und das gilt als irgendwie selbstverständlich. Ehrensache könnte man sagen, würde nicht viel mehr dahinterstecken.
Wenn engagierte Bocholterinnen und Bocholter erzählen, haben sie zwar keine eindeutige, keine präzise Antwort, aber sie lässt sich aus ihren Schilderungen ablesen. Und sie lässt sich spüren. Weil das ansteckend ist, müssen wir unbedingt weiter fragen und sie zu Wort kommen lassen. – jf –