Ein Besuch bei der Freiwilligen Feuerwehr führt mich in die Feuerwache an der Dingdener Straße.
Verabredet bin ich mit Thomas Deckers. Sein großes Büro sieht nach reichlich Arbeit aus, nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe für eine stundenweise ehrenamtliche Tätigkeit.
Und so lerne ich zuerst einmal, dass viele hauptamtliche Feuerwehrleute auch in ihrer Freizeit ehrenamtlich für die Feuerwehr arbeiten, wie auch Herr Deckers. Er ist sowohl Fachbereichsleiter als auch Freiwilliger Feuerwehrmann und hat viel zu erzählen über deren Tätigkeiten.
Landesweit bestehen die Feuerwehren zu 70 Prozent aus Freiwilligen, die es auf sich nehmen, die öffentlichen Aufgaben der Gemeinden hinsichtlich der Sicherung der Bevölkerung zu erfüllen. In Bocholt arbeiten 180 ehrenamtliche Frauen und Männer Hand in Hand mit den beamteten Feuerwehrleuten.
Viele sind schon seit Kindesbeinen dabei, denn es gibt eine Kinder- und eine Jugendfeuerwehr, die hauptsächlich ehrenamtlich betreut werden. Auch Erzieher und Lehrer beteiligen sich, wenn die jungen Menschen zuerst spielerisch und auch sportlich an eine Sicherheitserziehung herangeführt werden. Da wird gelernt, wie man einen Notruf absetzt, wie man in einem Team Aufgaben bewältigt, zu erster Hilfe wird angeleitet, und Spaß, Spiel und Wettkämpfe kommen nicht zu kurz.
Ausbildung und Beförderung
Freiwillige Feuerwehrleute, die aus anderen Berufen kommen, müssen und können sehr viel lernen, denn die Wehren kämpfen mit sehr viel mehr als dem Feuer. Und Feuer ist längst nicht gleich Feuer. Ein Waldbrand stellt ganz andere Anforderungen als ein Wohnungsbrand oder der Brand einer Fotovoltaik-Anlage. Ein brennendes Elektro-Auto muss anders behandelt werden als ein Benziner. Technische Hilfeleistungen bei Stürmen und Hochwasser oder bei Unfällen mit eingeklemmten Personen stellen die Retter vor unterschiedlichste Herausforderungen. Zuständig sind die Wehren auch beim Umgang mit Gefahrstoffen, seien sie atomar, biologisch oder chemisch (ABC-Alarm). All diese Einsatzgebiete verlangen über Grundkenntnisse hinaus spezielle Schulungen.
Unterricht zu diesen Themen findet zumeist in Bocholt statt, denn die hiesige Wache ist auch eine Ausbildungswache. Geleitet werden diese Lehrgänge auch häufig durch Ehrenamtler, die dafür mehrere Wochenenden zur Verfügung stellen oder – wie auch einige Teilnehmer – schon einmal Urlaub nehmen müssen, um ein Wochenseminar zu leiten bzw. zu besuchen.
In speziellen Kursen können die Freiwilligen auch lernen, Leitungsaufgaben zu übernehmen und zum Beispiel Gruppenführer oder Zugführer zu werden und sind so befördert.
Der Einsatz
Die Feuerwehr hat zwei Schutzziele. 1. Acht Minuten nach einer Meldung sollen neun hauptamtliche Feuerwehrleute am Einsatzort sein. 2. Bei einem größeren Schadensereignis sollen nach 13 Minuten weitere sieben Freiwillige anrücken. Das wird in ca. 95% aller Fälle erreicht, wie Thomas Deckers mit Stolz berichtet.
Aber wie funktioniert das? Auch für die Freiwilligen gibt es vorgeschriebene Personalstärken. Dabei ist jeder Platz dreifach besetzt, so dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass einer von ihnen umgehend einsatzbereit ist, wenn sein Pieper sich meldet. Im jährlichen Durchschnitt wird die Freiwillige Feuerwehr 40-mal alarmiert, bei insgesamt 860 Einsätzen der Feuerwehr.
Die Feuerwehr befindet sich in einem engen Dialog mit den Firmen, in denen Freiwillige arbeiten, damit diese ihren Arbeitsplatz reibungslos verlassen können.
Betreuung und Unterstützung
Am Ende eines Einsatzes stehen meist Stolz und Erleichterung. Aber es kann auch zu traumatischen Erfahrungen kommen, wenn beispielsweise eine Rettung nicht möglich war. Dann ist ein psycho-soziales Unterstützungsteam zur Stelle, das solche Erfahrungen nachbereitet. Das Team steht aber auch für persönliche Gespräche und vorbeugende Prävention zur Verfügung.
Die große Halle
Am Ende unseres Gesprächs nimmt Thomas Deckers mich mit zur großen Halle mit den Einsatzfahrzeugen. Hier komme ich aus dem Staunen nicht heraus. Jeder Zentimeter hinter den seitlichen Rolltüren ist vollgepackt mit unterschiedlichsten Rettungswerkzeugen, die mit einem Handgriff ausgeklappt und einsatzbereit gemacht werden können. Ein Rettungsboot war eine Woche zuvor im Einsatz. Elektrische Sägen und reißfeste Bekleidung liegen genauso bereit wie spezielle Helme mit Geräuschschutz.
„Technisch richtig gut ausgestattet ist die Bocholter Wache“, betont Thomas Deckers. Eine gute Ausbildung und eine gute Ausstattung, das seien – neben der praktischen Notwendigkeit – wichtige Faktoren zur Mitgliederbindung der Freiwilligen Feuerwehr, sagt er.
Unterstützen kann man die Freiwillige Feuerwehr auch. Es gibt einen Stadtfeuerwehrverband, der sich unter anderem für die Förderung der Kinder- und Jugendwehr einsetzt.
DE88 4286 0003 0020 4476 00
Ansprechpartner: Thomas Deckers