Biemenhorster Bürgerinnen und Bürger sorgen für einen lebendigen Mittelpunkt in ihrem Stadtteil.
Bocholts Stadtteile sind nicht Vororte, Schlaf- oder Pendlerviertel. Sie haben ihre jeweils eigene Geschichte, eigene Traditionen, eigene Identitäten. Gerade auch deshalb brauchen sie einen Ort, der ihren Bewohnern als Fixpunkt dient – um sich zu treffen, um sich auszutauschen. Die Biemenhorsterinnen und Biemenhorster haben dafür ein eigenes Zentrum, das Bürgerzentrum. Zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger, von ihnen selbst verwaltet und mit Leben gefüllt.
Nahversorgung in den Stadtteilen ist wichtig. Nicht nur materieller Art. Als Ende der 90er Jahre für Bocholts größten Stadtteil ein Versorgungszentrum geplant wurde, wurden quasi zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die rund 5400 Einwohner, die örtlichen Vereine und andere Einrichtungen erhielten an der Birkenallee außer einem nahen Waren- und Dienstleistungsangebot auch Räumlichkeiten für Treffs und Veranstaltungen. Bauherrin des zentralen Gebäudes für diesen Zweck war die Stadt, aber gestalten und betreiben sollten die Biemenhorsterinnen und Biemenhorster ihren Treffpunkt selbst.
Und das taten sie dann auch, zumal der Bedarf schon lange bestand. Für Vereine und Gruppen war es schwierig, ihre Proben- oder Veranstaltungsräume hier und da suchen müssen. Nun entwickelte man neue Pläne – in einem Arbeitskreis, aus dem 1999 der Bürgerverein als eingetragener gemeinnütziger Verein hervorging.
Vieles in Eigenleistung
Der Elan war groß, Mitglieder wurden geworben, und die Biemenhorsterinnen und Biemenhorster packten an. Im ersten Stock des Zentrum-Gebäudes, über dem Einkaufsmarkt, schufen sie weitgehend in Eigenleistung einen 200 Personen fassenden Saal, ein Sitzungszimmer, eine große Küche, ein Foyer und Toiletten. 2005 fand die Einweihung statt. Seither regelt der Bürgerverein die Nutzung, die für die anderen Vereine kostenlos ist. Bei Buchungen, die mit Einnahmen verbunden sind, fallen Gebühren an. Vereinsmitglieder zahlen jährlich zehn Euro.
Schützen, Spielmannszug, Bläser oder Tanzgarde nutzen das Bürgerzentrum, aber auch AWo-Begegnungsnachmittage, der DRK-Bewegungssport oder Blutspende-Aktionen finden im Bürgerzentrum statt. Außerdem Koch- und Malkurse sowie Nachbarschaftsversammlungen, private Feiern und Kaffeetreffen nach Beerdigungen.
Der Vorstand sorgt für die Rahmenbedingungen. Für Plakate, Info-Briefe und Aushänge, für den Einsatz der beiden Putzfrauen, dank denen das Bürgerzentrum immer noch und immer wieder picobello aussieht. Zuständig dafür ist der zweite Kassierer Heinrich Bußkamp, der auch Hausmeisterdienste verrichtet. Im erweiterten Vorstand gibt es Tischler, die dem Wunsch nachkommen, rechteckige in runde Tische zu verwandeln. Eine Klimaanlage wurde installiert, und auch für das Problem, dass Anwohner bei geöffneten Fenstern durch Lärm gestört werden, hat der Verein aus eigener Kraft eine technische Lösung gefunden.
Eigenes Programm
Aber das ist längst nicht alles. Der Bürgerverein hat sich auf die Fahnen geschrieben, für Begegnung zu sorgen, Tradition und Brauchtum zu pflegen. Und so stellt er ein eigenes Programm auf die Beine. Das ist eine echte Herausforderung und setzt voraus, dass viele Köpfe und Hände mitwirken. Außer dem vier Frauen und zwei Männer umfassenden geschäftsführenden Vorstand gibt es 15 Beisitzerinnen und Beisitzer. Aus ihren Reihen werden jeweils Organisationsteams gebildet, die mit großem Einsatz und Aufwand Karnevalsveranstaltungen wie Altweiber, die „Wostenfete“ oder für Kinder (Foto oben) vorbereiten und durchführen oder auch den St. Martinszug und das Maibaum-Aufstellen. Auch das Erntedankfest, der Plattdeutsche Abend, die „Dreckweg-Aktion“ sind zu organisieren. Zubehör einkaufen, für Verpflegung sorgen, Kranz binden, Tische und anderes dekorieren, Eintrittskarten drucken oder auch Gruppen für Auftritte akquirieren sind einige der zu bewältigenden ehrenamtlichen Aufgaben. Die Silvesterfeier ist immer besonders schnell ausgebucht. Ein Dauerbrenner ist unverändert der Doppelkopf-Abend. Aber es muss immer mal wieder auch Neues geben, wie etwa den erfolgreichen Oldie-Abend mit den „Winkelrockern“ in diesem Jahr oder ein geplantes Kochen für Kinder und Jugendliche. So ist im Bürgerzentrum immer irgendetwas los. „Bei uns gibt es mehr Veranstaltungen als das Jahr Tage hat, nämlich rund 380“, sagt 1. Kassierer Paul Frieg.
Das Ganze funktioniert nur, wenn der Vorstand ein echtes Team bildet. Die Versammlungen, die alle vier Wochen stattfinden, verliefen kooperativ und entspannt, so Paul Frieg. Und die Familie ziehe auch mit, ergänzt die zweite Vorsitzende Daniela Tenbrock – nicht nur indem sie Verständnis zeigt, sondern auch mittels tatkräftiger Unterstützung. Sie und die anderen sind in Biemenhorst Ansprechpartner und -partnerinnen. Wird auch gemeckert? „Die Resonanz ist positiv“, sagt Schriftführerin Birgit Asel. Wenn etwas kritisch angemerkt werde, dann in konstruktiver Form, als Verbesserungsvorschlag.
Rund 600 Mitglieder zählt der Biemenhorster Bürgerverein, der viel für die Gemeinschaft im Ortsteil tut. Abschotten will er sich nicht: Auch Bocholter aus anderen Stadtteilen sind willkommen. – jf –