Ohne sie liefe nichts in der Alten Molkerei: Die Ehrenamtlichen sind das Herz des Kulturortes.
Sie stehen nicht im Rampenlicht, im Kulturort Alte Molkerei an der Werther Straße. Aber ohne sie gingen dort die Lichter erst gar nicht an und bliebe die Bühne leer. Ohne sie und ihr Engagement gäbe es diesen Ort der vielfältigen kleinen kulturellen Events nicht, ohne die Mädchen und Jungen für alles, von der Planung bis zum Aufräumen. Mit Herzblut machen sie das. Und ohne Bezahlung.
Das mit dem Ehrenamt war die Bedingung, als vor 18 Jahren die Kultur in das Gebäude der früheren Molkerei einzog. Politik und Stadtverwaltung entsprachen dem Bedarf nach einem bis dahin so nicht vorhandenen kulturellen Angebot unter der Voraussetzung, dass die Stadt zwar Geld gibt, der Betrieb des Freien Kulturortes aber ehrenamtlich durch einen
Verein organisiert wird, der im Jahr 2000 gegründet wurde.
Alle machen alles
Diejenigen, die den Molkerei-Betrieb so lange schon aufrechterhalten, sind an die 40 Männer und Frauen verschiedenen Alters, Berufstätige und auch Rentner. Ab und an gibt es immer mal wieder Fluktuation, aber es herrscht ein ausgeprägter Teamgeist. In all den Jahren haben sie Erfahrung gesammelt, es gibt Strukturen: Mitglieder, die das Programm zusammenstellen, unterschieden nach Klassik, Rock und Pop, Theater, Kabarett und Ausstellungen, und wieder andere, die für die Technik inklusive Bühnenbild, Auf- und Abbau zuständig sind. Und sogar eigene Hausfotografen und -videografen. Wer für einen Programmpunkt zuständig ist, ist dafür komplett verantwortlich – von der Buchung über die Werbung, die Organisation von Technik, Theken- und Garderobendienst bis hin zur Betreuung der Künstlerinnen und Künstler. Andere Aufgaben kommen hinzu, etwa wenn es um neue Anschaffungen geht, wenn Handwerker kommen oder der Klavierstimmer. Wenn Getränke geordert oder die Toiletten gereinigt werden müssen.
Eigentlich aber „macht jeder alles – außer Ton und Licht“, wie Team-Mitglied Georg sagt. Manche seien jede Woche hier, andere nur sporadisch, ergänzt Theo. Niemand müsse sich rechtfertigen, wenn er mal aussetze. Organisation muss sein, aber es läuft, ohne dass Druck ausgeübt werde, sagt Anne. Irgendwie sind immer Leute da, wenn sie gebraucht werden, wenn improvisiert werden, wenn nachts abgebaut, die Bestuhlung geändert und Equipment geschleppt werden muss. Da kommt einer auf dem Nachhauseweg mit dem Auto vorbei und guckt eben mal rein, packt mit an und kommt zu später Stunde wieder raus, schildert Georg. Irgendwie geht es immer, das sei faszinierend. Für ihn ist die Truppe „eine große Familie“. Fünf Minuten des Miteinanders reichen ihm, um mitgebrachten Stress abzubauen. Silvester feiern sie gemeinsam und auch ihr Sommerfest.
“Wie in meinem Wohnzimmer”
Diese Atmosphäre spüren auch die Künstlerinnen und Künstler, wenn sie zu Gast sind. Die seien begeistert von der verbreiteten guten Laune, sagt Sabine, und wollten oft kaum glauben, dass alles ehrenamtlich funktioniere – besser als in manch professioneller Einrichtung. „Ich bin wieder in meinem Wohnzimmer“, hat Comedian Bernhard Hoëcker bei seinem jüngsten Gastspiel in der Alten Molkerei gesagt. Das Sich-Wohlfühlen bedingt, dass viele Künstler gerne wiederkommen, selbst wenn es nur Spritgeld gibt und auch, wenn sie teils vor nur wenigen Zuschauern oder Zuhörern auftreten. Man mache halt bewusst ein kulturell bereicherndes Nischenprogramm, sagt Michael, den sie „Krefi“ nennen. Das lockt nicht die Masse Trend- und Promi-Orientierter. Unter den 90 bis 100 Veranstaltungen im Jahr gebe es aber auch manche bei vollem Haus. Axel findet es „gut, dass wir nicht auf Gewinn getrimmt sind“. Da entscheide man nach Inhalt und müsse sich nicht rechtfertigen.
Die Sache an sich, also Kultur und Künstler hautnah zu erleben, ist natürlich ein Anreiz für alle im „Molke-Team“. Sabine schätzt es, dass sie bei Konzerten ihrer Kreativität in Sachen Lichttechnik freien Lauf lassen kann, ohne sich an vorgegebene Standards halten zu müssen. Das Tolle am Ganzen sei „das perfekt Unperfekte“. Und die vielen Kontakte, ergänzt Georg. Auch zu Besuchern. Von denen ahnt so mancher nicht, dass das alles hier, so betrachtet, tatsächlich unbezahlbar ist. – jo –
- Das Team der Alten Molkerei freut sich stets über Zuwachs. Insbesondere werden zusätzliche Tontechniker oder Tontechnikerinnen gesucht. Interessenten sollten Geschäftsführer Theo Biermann eine E-Mail schreiben. Speziell Technik-Interessierte informieren sich am besten dienstags ab 19 Uhr, wenn die Technik-Gruppe in der Alten Molkerei tagt.