Das historische Handwerk und die Lust am Arbeiten mit natürlichen und nachhaltigen Materialien vereinen im Bocholter Handwerksmuseum Jung und Alt.
Nach der freien Trauung im Sommer, die sie im Bocholter Handwerksmuseum gefeiert haben, veranstalten Daniela und Christian ein Dankesessen für alle freiwilligen Helfer in der guten Stube des Handwerksmuseums. Draußen wird gegrillt, und drinnen sitzen alle in gemütlicher Runde um den großen Tisch. Mit dabei ist auch Florian Sauret, vielen in Bocholt als Nachtwächter bekannt. Er ist die treibende Kraft des Museums, in dem 30 Ehrenamtliche regelmäßig mitarbeiten. Zu den eingeladenen Gästen gehört auch Peter, der nach einem erfüllten Arbeitsleben eine sinnvolle Aufgabe gesucht hat. Als ausgebildeter Schlosser und Maschinenbauer kümmert er sich einmal pro Woche hauptsächlich um die Instandhaltung der Maschinen. Es ist sein Verdienst, dass die Spekulatiusmaschine pünktlich zur Adventszeit wieder zum Laufen gebracht werden konnte. Jetzt wird noch an dem richtigen Rezept getüftelt, damit die Spekulatius nicht nur schön aussehen, sondern auch gut schmecken. Ebenfalls Teil des Helfer-Teams ist Michael. Er ist Schmied und hat im Sommer mit dem Brautpaar und dessen Gästen ein großes Herz geschmiedet, das für immer an diesen Hochzeitstag erinnern wird. Er bietet nach Bedarf Grundschmiede- und Messerbaukurse sowie Schmiedekurse für Kinder in seiner Werkstatt auf dem Gelände an. Dort erhält man von ihm Anleitungen, Tipps und Hilfe bei individuellen Arbeiten. Die angebotenen ganztägigen Workshops können von jedem auch ohne Vorkenntnisse gebucht werden. „Das selbsthergestellte Messer oder der selbstgeschmiedete Flaschenöffner sind bleibende Erinnerungsstücke“, erzählt Michael, dem viel daran gelegen ist, die Begeisterung für „sein“ Handwerk mit vielen Menschen zu teilen.
Eine gemeinsame Leidenschaft
Daniel, der gelernte Tischler, war vor vier Jahren durch Zufall an einem Sonntag am Handwerksmuseum vorbeigekommen und kurz danach fest ins Team mit eingestiegen. Nach Feierabend und am Wochenende kümmert er sich um die kompletten Umbaumaßnahmen des Museums. Fast immer mit dabei ist sein achtjähriger Sohn Julian – auf unserem Titelfoto (Foto: cw) mit Papa Daniel. Julians Berufswunsch steht bereits fest. Er möchte Tischler werden, wie sein Vater. Sein erstes selbstgebautes Werk steht in der Werkstatt: ein Rolltisch. „So etwas habe ich auf dem Martinsmarkt gesehen, und ich habe ihn einfach nachgebaut“, erklärt Julian selbstbewusst. „Manchmal bringe ich auch meine Freunde mit und zeige ihnen die geheimen Ecken im Museum.“ Er kennt tatsächlich jeden Winkel des Geländes und hat viele spannenden Geschichten zu erzählen. Julian ist ein großartiger Botschafter des Handwerks. Er motiviert nicht nur Gleichaltrige, das Handwerk schätzen zu lernen.
Geschichte zum Anfassen
Das Handwerksmuseum in der Köcherstraße ist Geschichte zum Anfassen. Beim Betreten des Museums stellt sich der Eindruck ein, man sei zu Besuch in einem Dorf längst vergangener Zeit. Erlebnisse rund um das Leben und Handwerk früherer Zeiten werden über das Museum vermittelt. Man darf beispielsweise auch sehr alte und seltene Exponate einmal selbst in die Hand nehmen. „Hands on“ nennt Florian Sauret das Konzept des Museums für Handwerksgeschichte. „Es ist unser Aushängeschild, das viele Familien und Betriebe zu uns lockt und einen Besuch zu einem unvergesslichen Erlebnis macht.“ Dank Weiterempfehlungen und gezielter Social Media-Kampagnen erlebt das Handwerksmuseum immer größere Beliebtheit. Diese drückt sich auch in den Mitgliederzahlen aus. Aus anfänglich 60 sind nun 360 Mitglieder geworden, die nicht nur aus der Umgebung stammen. Eine Familie aus München unterstützt mit ihrem jährlichen Mitgliedsbeitrag die Projekte und Instandhaltung des Museums. Sonntags von 14-18 und donnerstags von 15-18 Uhr hat das Museum seine Tore geöffnet, und es ist nicht nur ein Blick über die Schultern der Handwerker erlaubt, sondern mitmachen ist ausdrücklich erwünscht. – cw –