Die Buchstabenreihe KLJB findet man im Bocholter Vereinsregister gleich mehrfach. Sie steht für Katholische Landjugendbewegung. Wen oder was bewegt die Jugend auf dem Lande? Wir haben in Barlo nachgefragt.
Nicht nur dort gibt es die KLJB, sondern zudem die Ortsgruppen Mussum-Biemenhorst, Spork-Holtwick und Liedern-Herzebocholt. Das mag verwundern, weil man meinen könnte, dass es so etwas wie eine spezielle „Landjugend“ eigentlich gar nicht oder zumindest nicht mehr gibt. Heutzutage sind die Jugendlichen doch total vernetzt, denkt man – weltweit. Und sie sind schon ganz jung in Paris und London, in Sydney und New York, in Asien und Afrika. Länderjugend könnte passen, aber Landjugend?
Es waren andere Zeiten, als die Landjugendbewegung 1947, gleich nach dem Krieg, entstand. Da war Barlo ein eigenständiges ländliches Dorf – ebenso wie Biemenhorst oder Mussum, Hemden oder Holtwick, Liedern oder Spork. Sie alle existierten neben der Stadt, waren noch keine Bocholter Stadtteile. Zwischen Stadt und Land gab es größere Unterschiede als heute, Infrastruktur, Anbindung, Versorgung, Bildung waren für die Dörfer zu lösende Aufgaben. Unter anderen die Einrichtungen der einflussreichen katholischen Kirche nahmen sich dessen an. Die KLJB entwickelte eigene Bildungsziele und bot „ländliche Seminare“ für land- und hauswirtschaftliche Ausbildung an.
Frieden, Demokratie, Ökologie
Bundesweit über verschiedene Ebenen bis hin zu lokalen Ortsgruppen in den Bistümern organisiert, legte die KLJB Wert auf Eigenständigkeit und darauf, die Interessen junger Menschen widerzuspiegeln. Sie war dabei, als in den 70er Jahren viele für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit auf die Straße gingen, begleitete die kommunalen Strukturreformen im Zusammenhang mit dem ländlichen Raum, setzte sich mit den zunehmend aktuellen Themen Ökologie und Energiepolitik auseinander und ist weiterhin engagiert, wenn es um internationale Entwicklung, das Weltklima, Nachhaltigkeit, Diversität oder Jugendpolitik geht. Ganz aktuell wird in der KLJB der Diözese Münster das Thema Corona-Infektionen in Schlachtbetrieben diskutiert. „Wir mischen das Land auf – politisch, ökologisch, sozial“, wirbt der KLJB-Landesverband NRW, der knapp 19 000 Mitglieder zählt. „Wir treiben an – weltweit und vor Ort“.
Vor Ort in Barlo herrscht derzeit allerdings Pause – Zwangspause. Nach dem gemeinsamen Döner-Essen im Januar fiel das Programm der KLJB ab dem Frühjahr komplett Corona zum Opfer: Das Kart-Fahren im April und der Kino-Besuch im Mai ebenso wie die Teilnahme an der Spielplatz-Eröffnung, am Bezirksschützenfest und an der Osterdisco der Jungschützen, wo gekellnert werden sollte. 15 der gut 80 Mitglieder – Schüler, Studenten, Azubis und Berufstätige zwischen 14 und 25 Jahren – planen und organisieren die monatlichen Treffs, etwa im Escape-Room, mit Bowling oder Kanu-Touren, und zudem Veranstaltungen wie die große Hitparaden-Party, zu der im November, als vom Virus noch keine Rede war, 700 bis 800 Leute kamen. Banner mit der Aufschrift „Glowrious“ warben für das Barloer Event, für dessen Auf- und Abbau die jungen Leute jeweils mehrere Tage im Einsatz und die Mütter als Garderobenfrauen eingespannt waren.
Spielen ist Programm
Event ist ein Stichwort, das für die KLJB in Bocholt insgesamt gilt. Andere lauten Spiel und Geselligkeit: Open-Air-Konzert und Osterfeuer, Spieleabende und Kicker-Turnier bei den Mussumer/Biemenhorstern, Zelten bei den Sporker/Holtwickern, „Höllenparty“ und Grillen bei den Liedernern/Herzebocholtern, die auch das traditionelle Wurstaufholen pflegen. Die Barloer haben indes ihren „Klassiker“ Karnevalsfeier mangels Interesse ausfallen lassen und haben das Erntedankfest nur noch alle zwei Jahre im Programm. Im Wettkampf messen sich die KLJB-Gruppen untereinander, etwa beim Spork-Holtwicker Dodgeball-Turnier oder auch beim „Beer Pong“ mit Bier und Spaß nach exakten Spielregeln. Vergleich untereinander findet auch regional im Internet statt, wo neben Quiz-Wettbewerben auch „Webinare“ und Schulungen angeboten werden – in alter KLJB-Tradition, aber lockerer als einst, oft spielerisch und lustig.
Noch näher aber ist den Barloer Jugendlichen das eigene Dorf und die Gemeinschaft vor Ort, mit Jungschützen, Spielmannszug, Heimatverein. Das schließt die Pflege des Dorfplatzes ein. Die Dorfgemeinschaft hat offenbar was, auch für junge Leute: „Die sind zufrieden, die wollen hier gar nicht weg“, sagt Barlos KLJB-Vorsitzender Leon Mölders (20). Vielleicht wegen des Zusammenhalts von klein auf, wegen der gemeinsamen Konzentration auf den Sport- oder Schützenverein, auf Nachbarschaftshilfe und Fahrgemeinschaften. „Genügsam“ seien sie, findet Eric Bentzel (22), Beisitzer im Vorstand und wie Leon Mölders Elektriker. Er sieht es als eine Aufgabe der KLJB, die Jugendlichen bei aller Grundzufriedenheit immer mal wieder „ein bisschen aus Barlo rauszubringen“ und dabei unter anderem neue Leute kennenzulernen. Das „K“ steht eher dafür, für Kontakte, vielleicht für christliches Miteinander mehr als für Kirche.
Langsam wieder hochfahren
In den zurückliegenden Monaten hat der Vorstand nicht getagt, weil alles abgesagt war und man nicht wusste, wie es weitergeht. Kreativ blieben die KLJB-ler auch in dieser Situation. Auf Initiative der Kolleginnen und Kollegen aus Liedern und Herzebocholt gab es noch schnell einen neuen Wettbewerb, nämlich eine Foto-Collage mit einer Botschaft zur Corona-Situation in kurzer Zeit zu erstellen, an dem aus Barlo neben der KLJB auch die Jungschützen beteiligt waren. Danach, in der „programmlosen“ Zeit, hätten die jungen Barloerinnen und Barloer in ihren Cliquen den Kontakt gehalten und sich, sobald es möglich war, wieder getroffen, sagt Eric Bentzel. Er selbst sei froh, „dass ich noch arbeiten gehen konnte.“
Jetzt wollen er und der gesamte Vorstand ihr ehrenamtliches KLJB-Engagement „langsam wieder hochfahren“. Zeitnah soll es eine Sitzung geben. Da wird es darum gehen, die Neuauflage der Hitparade im November zu planen. Dass sie stattfinden kann, sei zwar nicht sicher, aber wenn, dann wolle man vorbereitet sein und nicht völlig aus dem Stand handeln müssen. Und vielleicht geht es für die Barloer Landjugendlichen auch schon früher wieder los: Wenn sie beim sommerlichen Beachvolleyball gemeinsam mit dem Sportverein DJK sich und den Ball bewegen. – jf –