Junge Leute ergreifen Initiative und setzen sich aktiv für eine bessere Umwelt ein.
Kurz vor dem Shutdown hatte ich noch die Möglichkeit, mich mit Lina Mahlberg und Melina Puhlmann, zwei Abiturientinnen des St.-Josef-Gymnasiums, in ihrer Mittagspause zu treffen. In unserem Gespräch ging es um ihr Projekt „Bohne – natürlich unverpackt“. Durch Anne Ewig, Lehrerin am Kapu und Betreuerin des Projektes, war der Kontakt zu den zwei Vertreterinnen der insgesamt acht Schülerinnen und Schüler umfassenden Organisationsgruppe hergestellt worden.
Eine Idee entsteht
Es sei ein knappes Jahr her, dass im Zuge der Fridays for Future Bewegung bei ihnen – sozusagen bei einem normalen Gespräch unter Jugendlichen – der Gedanke aufflammte, mit einer eigenen Initiative etwas für eine bessere Zukunft beizutragen, erzählt Melina. „Die Frage war nur: was?“ ergänzt Lina. Alle acht Mitglieder waren angehalten, sich etwas einfallen zu lassen. Daheim wurde eifrig im Internet „geblättert“, die Ergebnisse wurden in den großen Pausen auf dem Schulhof diskutiert. Ein Gedanke verfestigte sich immer mehr: Verkaufen ohne Verpackung. Schließlich formulierte Peter, was alle zögerlich dachten: „Warum machen wir das nicht?“
Die Idee verfestigt sich
Alle waren sich darin einig, dass sie für die Umsetzung ihrer Überlegungen Unterstützung brauchen würden. In Anne Ewig, Lehrerin für Sozialwissenschaften, Politik und Latein, fanden sie die richtige Ansprechpartnerin. Sie war gleich begeistert von der Idee der jungen Leute und steht ihnen seitdem hilfreich zur Seite.
Die Pausenzeiten reichten längst nicht mehr aus, um die vielen aufkeimenden Fragen anzugehen. So trafen sich die Initiatoren am ersten Tag der Osterferien 2019 mit Frau Ewig zu einem Planungsfrühstück, morgens um 8 Uhr – bewundernswert! Zunächst fassten sie ins Auge, ein kleines Ladenlokal zu eröffnen, um dort ihre Waren anzubieten. Um Anregungen zu bekommen, besuchten sie gemeinsam einen Unverpack-Laden in Münster. Was sie dort kennenlernten, bestärkte sie erst recht in ihrer Motivation. So suchten sie in Bocholt ein Ladenlokal, um ihre Idee umzusetzen, wurden jedoch nicht fündig. „Darüber hinaus hatten wir erfahren, dass am Busbahnhof in absehbarer Zeit ein ähnlicher Laden wie in Münster eröffnet werden sollte. Damit wollten und konnten wir nicht konkurrieren“, sagt Lina und schaut ihre Stufenkollegin an. „Also lief unsere Planung auf einen mobilen Verkauf hinaus“, fährt Melina fort.
Die Idee wird umgesetzt
Ein mobiler Verkaufsstand wurde ins Auge gefasst. Doch um ihn mit Waren zu bestücken, war finanzielle Unterstützung notwendig. Ohne Spenden können wir nicht starten und arbeiten, war die einhellige Meinung der jungen Leute. Anne Ewig half ihnen dabei, einen gemeinnützigen Verein zu gründen, namens Bohne – natürlich unverpackt e.V. Lina und Melina erklären, dass der Name ein Wortspiel ist, zusammengesetzt aus „B(oh)“ für Bocholt und „ohne“ als Hinweis auf das Fehlen von Verpackungsmaterial.
Den Initiatoren geht es nicht ums Geldverdienen, ihnen geht es darum, auch als junge Menschen aktiv an der Verbesserung der Umwelt mitzuwirken. Um möglichst viele für ihr Projekt zu interessieren, stellten die Schülerinnen und Schüler dieses am „Tag der offenen Schule“ und auch im Schulgottesdienst vor. Aktiv unterstützt werden sie von der gesamten Schulgemeinde. Aber auch außerhalb der Schule wird für die Idee geworben, denn ohne Spenden kann sie nicht umgesetzt werden.
Ausblick in die Zukunft
Das nächste Ziel, das angepeilt wird, ist der Kauf eines Autoanhängers, auf dem der mobile Verkaufsladen mit den Bulkbins (das sind Schütten, in denen sich die lose Ware befindet) zu verschiedenen Orten transportiert werden kann. Die Waren – das Angebot umfasst Nudeln, Reis, Getreide, Süßigkeiten, Kaffee, Seife, Shampoos, Spülmittel, Wachstücher als Frischhaltetücher sowie von der Büngerntechnik gefertigte Waren – sollen auf dem Wochenmarkt und in städtischen Randbezirken verkauft werden.
Mittlerweile haben die Gründungsmitglieder ihre schriftlichen Abiturarbeiten hinter sich gebracht, werden also in absehbarer Zeit die Schule verlassen. Wir drücken ihnen natürlich ganz feste die Daumen, dass sie ihr Abitur erfolgreich bestehen. Die Anfrage seitens der Schülerschaft ist groß, die begonnene Aufgabe weiterzuführen. Anne Ewig plant, die Initiative unterrichtlich in einen Projektkurs einzubinden und ins Schulprofil zu übernehmen. „Die Umsetzung der Ideen birgt auch eine Vielzahl von praktischen Übungen für die Zukunft der Schülerinnen und Schüler in sich“, erläutert sie. Sie mussten sich unter anderem mit Fragen der Gründung eines Vereins auseinandersetzen, herausfinden, welche Schritte notwendig sind, um mit einem mobilen Verkaufswagen an ausgewählten Plätzen ihre Waren anzubieten. Sie beschäftigen sich also mit sozialen sowie wirtschaftlichen Komponenten. „Näher am realen Leben kann Unterricht kaum sein“, so lautet das Fazit.
Leider mussten die Schülerinnen wieder zum Unterricht, dabei hätte ich mich gerne noch länger mit ihnen unterhalten, denn ihre Begeisterung springt förmlich über. Schließlich ist es ihnen gelungen, eine „Pausenidee“ in die Realität umzusetzen.
Hoffen wir, dass ihr tolles Projekt, das durch die Corona-Pandemie jäh unterbrochen wurde, bald wieder aufgegriffen und weitergeführt werden kann. – ah –